Transformationen sind für viele, auch große Unternehmen essentiell, um weiter erfolgreich mitzuspielen. Nicht wenige scheitern und werden noch scheitern, weil sie ihre Geschäftsmodelle strategisch falsch aufgesetzt haben oder ihre Strukturen und Prozesse handwerklich nicht in den Griff bekommen. Andere – und das interessiert hier im Besonderen – driften in eine Sackgasse, weil sie allein schon kulturell nicht verstehen, dass sie hinreichend viele Führungskräfte und Mitarbeitende mit einem der Transformation kongenial verbundenen Mindset benötigen. Was liegt näher, bei denen genauer hinzuschauen, die diese Passung leben? Leadership Insiders hat dafür 13 HSG Alumni Entrepreneur Podcasts (Universität St. Gallen) der Jahre 2019 und 2020 analysiert und wertvolle Einsichten gewinnen können.
HSG Alumni Entrepreneurs Podcasts (Universität St. Gallen)
Als ehemaliger Forschungsleiter des Instituts für Führung und Personalmanagement an der Universität St. Gallen (HSG) verfolge ich immer noch mit Interesse die zahlreichen Aktivitäten dieser in jeder Hinsicht sichtbaren Schweizer Universität, angesiedelt im Kanton St. Gallen, deren Hauptort die gleichnamige Stadt ist.
Dabei ist mir seit einiger Zeit eine Podcast-Serie aufgefallen, in der aus dem Alumni-Netzwerk erfolgreiche Entrepreneure, Unternehmerinnen wie Unternehmer, interviewt werden. Die umsichtigen Gastgeber sind zum einen Michael Stuber, Howard & Company (Begleitung von strategischen Innovations- und Transformationsvorhaben) und zum anderen neuerdings Niklas Etzel von Experify, einem Start-up, das interessierte mit tatsächlichen Käufern über eine Plattform zusammenbringt.
Diese Podcast-Serie ist als ein qualitativer Datenpool zu interpretieren, der subjektive Erfahrungen im Businesskontext von Personen widerspiegelt, die zwar eine gemeinsame Verbindung über ihre Alma Mater besitzen, aber sonst jeweils eigene Wege gegangen sind. Mit vielfach internationaler Erfahrung üben sie ihre berufliche Tätigkeit in oder mit Verbindung zur Schweiz aus. Dies ist für uns deshalb so wichtig, weil die Schweiz als ein Hochpreisland wie kaum ein zweites auf Innovationen angewiesen ist. Eingebunden in die Serie sind viele Gründer und Gründerinnen von Start-ups oder Personen, die sehr frühzeitig in Top-Verantwortung zu Start-ups hinzustießen oder auch CEOs von bereits langjährig etablierten Unternehmen, die eine Transformation durchlaufen haben. Die Altersspanne der Teilnehmenden liegt zwischen unter 30 bis über 70 Jahre, wobei die jüngere Generation um die 30 mehrheitlich vertreten ist. Mitarbeitende in den benannten Unternehmen habe ich selbst nicht interviewt, so dass ausschließlich aus der Sicht der Rede und Antwort stehenden Personen berichtet und daraufhin interpretiert wird.
Ich habe mir 13 dieser 20 bis 30-minütigen Podcasts angehört und analysiert, und werde nun die für mich wichtigen Aussagen und Einsichten gerafft und auszugsweise, aber doch vom Tenor her beispielhaft, referieren. In einem Fazit reflektiere ich noch einmal das Gehörte.
Vorgehen und Transformationsverständnis
Im Folgenden referiere ich Aussagen der interviewten Personen, die für mich beim Hören des Podcasts besonders wegweisend mit Blick auf gelingende Transformationen gewesen sind. Mein Ziel ist es, zu Veränderungen zu ermutigen und Anregungen zu geben, in welche Richtung es gilt, zu gehen. Keinesfalls soll aber eine Blaupause oder eine Best Practice vorgelegt werden. Transformationen als exakte Kopie oder Checkliste funktionieren nämlich nicht.
Ich verstehe als Transformation hier sowohl die Transformationen von Geschäftsmodellen oder ihrer Teile in einem bestehenden Unternehmen wie auch die Neugründung eines Unternehmens selbst, das, um erfolgreich zu sein, bestehende Geschäftsmodelle am Markt mehr oder minder transformiert und damit selbst das Transformationsprodukt ist. Beides hat vieles gemeinsam und darum geht es vor allem.
Menschen transformieren Unternehmen
Wenn Dominik Benner, Geschäftsführer von Schuhe24.de über die besondere Bedeutung der Kultur spricht, bezieht er sich auf das Innen- wie Außenverhältnis. „Gemeinschaft“ ist hier ein wichtiges Stichwort, das Dominanzstreben sowohl gegenüber Mitarbeitenden wie Partnerunternehmen ausschließt. Nach innen gibt es bei dem Plattformunternehmen, was nach 5 Jahren bereits 100 Mio. Euro mit heute ca. 100 Mitarbeitenden umsetzt, dabei mit über 1.000 Einzelhändlern zusammenarbeitet, nur eine sehr überschaubare Führungsstruktur: vier Bereichsleiter, das war es. Traditionelle, tief gestapelte Hierarchien existieren nicht. Anweisungen, darf man folgern, werden als dysfunktional angesehen ebenso wie eine Verantwortungsdiffusion ins Unkenntliche. „Ausprobieren“ ist die Devise: Drei Minuten wird geredet, dann wird etwas versucht, nach zwei Monaten werden die Ergebnisse gemeinsam analysiert. Eigenverantwortung wird von allen erwartet. Ein plastisches Beispiel dafür, was Eigenverantwortung auch meint und anderswo regelmäßig ein Konfliktstoff sei, sind Dienstreisen. Die muss hier niemand beantragen noch genehmigen. Man fährt, wenn man es für wichtig erachtet.
Die unbedingte Bedeutung von Mitmachenden stellt auch Andreas Fischler, CEO des Start-ups Frontify, einer All-in-One Brand Softwarelösung, heraus. Respekt, Wertschätzung, Freiheit und Autonomie sind tragende Werte, die die Kultur prägen, aber auch die Zusammenarbeit mit „Leuten“, die jeder für sich „was können“. Kultur ziehe die Richtigen an, um das Start-up weiter nach vorne zu bringen, das in recht kurzer Zeit von 30 auf rund 100 Personen angewachsen ist. Herausgehoben wird die Diskussionskultur, die auch Fehler direkt, aber konstruktiv anspreche und durch das Einziehen von Expertenrat, hier von Venture Capitalists, schnell erweitert wird. Es gelte immer, zu überlegen, wie es weitergehe, nicht darüber zu sinnieren, wer denn nun Recht habe, denn der Wahrheiten gäbe es viele. Am Ende sei es der Glaube, richtig zu liegen und dann zu marschieren, das Wichtigste, Sicherheit gebe es nie. Führung habe die Aufgabe, sich überflüssig zu machen. Zentraler Antrieb, die Arbeit zu meistern, sei die befriedigende Antwort auf die Frage „Was ist Deine Challenge“ (im Leben) und erlebe ich sie gerade hier. Für Andreas Fischler – und da steht er in der ausgewerteten Riege der Persönlichkeiten nicht allein, ist damit die Suche nach neuen „Dingen“ für die Verbesserung der Welt, um es nur mit diesem Schlagwort zu sagen, verbunden.
Genau dies war auch für Lea von Bidder, eine Unternehmerin aus San Francisco mit Office in Zürich der entscheidende Beweggrund, zu Ava und deren Gründungsteam zu stoßen. Ava hat ein einzigartiges Fruchtbarkeitsarmband für Frauen entwickelt, um deren Schwangerschaftswunsch technologisch zu unterstützen. Parameter werden über Sensoren in der Nacht erfasst und in Echtzeit eingeordnet zurückgespiegelt. Diese Verbindung von Biologie, Medizin und Technologie stützt und steht für das alles überragende Leitmotiv „Women Health“ bzw. „Women Empowerment“. Dieses sei etwas, wofür es sich lohne, mit aller Kraft zu kämpfen, weil sie und andere dort es – mit Friethjof Bergmann gesprochen – „wirklich, wirklich wollen“. Leadership und Kultur (zuvorderst Werte) werden auch hier als absolut erfolgskritisch beschrieben. Das Arbeiten an etwas, was einen „Impact“ hat, setze eine unglaubliche Energie frei. Und die benötige man, denn eine Start-up-Entwicklung sei nicht nur durch den Skalierungswunsch zunehmend komplex, sondern in einer aus Erfahrung im Durchschnitt mit 10 Jahren anzugebender strategisch-operativen Entwicklung eher ein Marathon denn ein Sprint.
Auch die Serial Entrepreneurin Yuan Yao, inzwischen 34 Jahre alt, fasst nur etwas an, was ihr Spaß mache und wo sie beständig lernen kann. Für Geld mache sie nichts. Das mag erklären, warum sie neben ihrer Berufsbezeichnung „Unternehmerin“ bei Bedarf auch Praktikantin, ehemalige Professorin in Shanghai und jetzt Köchin angeben kann. Der „Hunger nach Wissen“ führte aktuell zur Gründung zweier Start-ups im Foodbereich (Indulge und Étoile). Beeindruckend ist ihre sehr persönliche Schilderung, wie sie für ihr Herzensprojekt „Essen“ zunächst Gerichte lernte zu kochen, in Kochbüchern verschiedenster Länder und Epochen versank, Alternativen auf YouTube suchte, sich dann in die u.a. biochemischen Prozesse des Kochens einarbeite, daraufhin das Design des „Tellers“ studierte und eine Kochausbildung abschloss – getreu dem Credo, alles einmal selber gemacht zu haben, um es für die eigene unternehmerische Tätigkeit bestens zu verstehen.
Während Yuan Yao kulinarische Erlebnisse, beispielsweise durch kulinarische Reisen mit Hintergrund für natürliche Zusammenhänge vermittelt, war die Food-Idee von Daniela Steiner, Mitgründerin des Start-ups Felfel, eine andere. Ihr preisgekrönter Start-up platziert holzdesignte Kühlschränke in Unternehmen, die täglich nach zentral ausprobierten Gerichten von Partnerunternehmen bestückt werden – eine Alternative zum oftmals wenig erbaulichen Kantinenessen. Essen als Freude und als Sinneserlebnis sind die tragenden Leitmotive, die mit höchster Qualität und immenser Vielfalt umgesetzt werden. „Exzellenz“ und „Execution“ gehen hiernach eine perfekte Verbindung ein. Die smarte Technologie liefert Echtzeitfeedback an den Stammsitz (z.B. welche neuen Gerichte laufen gut) und ermöglicht ein Refunding innerhalb von 15 Minuten, sollte ein Nutzer unzufrieden sein, weil z.B. der zubereitete Salat zu salzig war – als allgemeine Regel weitergedacht der Todesstoß für so manche Kantine. „Purpose“ und damit „Values“ sind auch hier zentral. Wer mitmachen möchte, durchläuft einen dreistufigen Auswahlprozess und muss, egal ob Mathematikerin oder Ernährungswissenschaftler, in der dritten Stufe, dem „Experience Day“, für alle kochen. Offensichtlich ist, dass es hier nicht primär um das Kochen geht, sondern um die prognostische Einschätzung eines gedeihlichen Miteinanders.
Wir sehen, wie die Muster sich verdichten, und da macht Katharina Lehmann, Inhaberin der Lehmann Gruppe, tätig im technologiegetriebenen Holzbau (Freiformen) und verantwortlich für 300 Mitarbeitende, keine Ausnahme. Die Faszination Holz erzwang vor Jahren eine Transformation, um die immer weitere technologische Entwicklung nicht nur nachzuvollziehen, sondern innovativ, auch strategisch innovativ, voranzutreiben. Sie sieht sich als jemand, der „Unruhe“ im Betrieb schaffe, wobei das Schwierigste die Führung sei. Auch hier steht die Eigenverantwortung aller an oberster Stelle, was für den einen eher Pflichtbewusstsein, für den anderen ein gedanklicher Flug in (manchmal allerdings auch zu) schwindelerregende Höhen bedeuten könne. Eine Motivation, bis an die Grenzen zu gehen, werde angesichts der extrem dynamischen Marktsituation verlangt. Manchmal werde jemand auch aufgefordert, sich nun endlich die „Turnschuhe“ anzuziehen.
Die Turnschuhe hatte Roger Schawinski, jetzt 74 Jahre alt, Journalist und Medienunternehmer, schon frühzeitig angezogen. Er gründete mit Radio 24 das erste lizenzfreie, private (Piraten-)Radio der Schweiz, transformierte die Art und Weise, wie eine Radiosendung technisch wie personell betrieben wird, war irgendwann danach Geschäftsführer von SAT.1 und ist immer noch am nächsten „The big Thing“ interessiert. Sein Antrieb, um es damit zu beschließen, sei die beständige Suche nach einer neuen Euphorie, die durch eine Tätigkeit getriggert wird, der man authentisch und damit glaubwürdig nachgehen könne. Aktuell liefert ihm das Radio 1 und das Jugendradio Planet105.
Von Leidenschaft spricht auch Emanuel Probst, General Manager der Jura Elektroapparate AG, dem die strategische Transformation zum führenden Hersteller von Kaffeevollautomaten zusammen mit anderen gelang. Seine Neugierde auf die Zukunft und die Passion der Leute, ohne die nichts gehe, sieht er als erfolgskritisch an, ebenso wie die Übereinstimmung von den das Geschäft tragenden Werten (z.B. Swissness, Eleganz) mit allem, was das Unternehmen ausmacht, einschließlich seines langjährigen Markenbotschafter Roger Federer.
Und die Marken werden, zumindest ist das die Geschäftsidee von Simone Alabor von „Who is Nik“, immer nachhaltiger, sofern sie weiter zu fesseln vermögen. Ihre Agentur für zukunftsfähiges Wirtschaften möchte Werte schaffen, nicht an der Zerstörung von Werten beteiligt sein. Die eigenen Werte verknüpft sie mit dem Trias des nachhaltigen Managements und meint zu erkennen, dass die Schizophrenie zwischen privatem Anspruch und vielfachem beruflichen Handeln endlich ist.
„Zu klein“ darf man dabei nicht denken, wie Caspar Coppetti von der Laufschuhmarke „On“ meint, der mit seinen High-Tech-Schuhen weltweit Kundinnen und Kunden auf einem 20 Mia. Dollar Markt vor Augen hat. Lokal gehe jetzt global, nachdem der Schuh in der Schweiz gut ankam. Einen CEO kenne die Firma nicht. Er und seine beiden Kollegen stemmten die Aufgaben mit rund 320 MA in Zürich und anderswo gemeinsam. Das Durchschnittsalter der 9 Jahren jungen Company beträgt 29 Jahre und integriere über 30 Nationalitäten. Diskussionen des Gründungsteams werden auch einmal strittig vor den Augen anderer geführt, eine direkte Feedbackkultur sei generell die Regel. Reden, sich zusammen an einen Tisch setzen, präge die Kultur entscheidend. Die Kultur zeichne sich vor allem durch ein Subsidiaritätsprinzip aus. Denn dort, wo die Expertise sitze, entstehe Impact, wo sie einmal fehle, werde sie gesucht. Es gehe immer um den besten Weg, oftmals sei das dann auch ein neuer Weg. Selbiges werde von neuen Mitarbeitern erwartet. Wer Vorgaben suche, der gehe bald wieder, auch der, dessen Ambition zu gering und dessen Denkhorizont nicht weit genug ist. Stimme die Passung, sei die Personalentwicklung im Haus vorteilhaft, so die Erfahrung. „Wir sind neugierig“ ist auch hier eine entscheidende Grundeinstellung.
Fazit: Transformationen und Freude am Tun sind ein explosiver Treibstoff
Die wichtigste Botschaft ist wohl, dass erfolgreiche Transformationen in Unternehmen und die Transformation des Bestehenden durch einen Start-up immer von Personen abhängen. Zunächst sind es die, anfangen, dann die, die später mitmachen. Und es scheint, dass sich die Energien dieser Personen in „Organizations with Purpose“ besonders heftig entladen und mit etwas Glück durch das Tun wieder zurückgewinnen lassen. Und wer das Wort „Purpose“ zu stylish findet, mag mit etablierteren Bezeichnungen dieses Genres wie der Vision, Mission, nachhaltige Werte oder Sinn besser zurechtkommen. Im Gegensatz zu den aus den Medien bekannten Protagonisten der Garagenwerker ist die Work-Life-Balance und damit die Gesundheit durchaus ein Thema, was reflektiert wird.
Und wer jetzt immer noch abwinkt, sollte einmal recherchieren, was Anlass vieler Entre- und Intrapreneure gewesen ist, deren früheres Wirken zu den heutigen Großunternehmen führte. Deren Problem ist vielfach nur, dass sie vergessen und verspielt haben, wofür sie einst angetreten sind.
„Purpose“ muss natürlich auch gelebt werden. Offensichtlich spielt Leadership hier in verschiedensten Spielarten, eher allerdings in einer gemeinschaftsorientierten Art und Weise, eine überragende Rolle. Leadership beginnt mit realistischer Selbsterkenntnis, wie es Adrian Locher von Merantix, einem KI-Unternehmen, für viele beschreibt. Erfolg sei ohne günstige Konstellationen nicht zu haben, was einen selbst auch im Erfolg zu einer Bescheidenheit zwinge. Überhaupt habe ich selten in Interviews mit CEOs etc. so wenig über die eigenen Verdienste gehört wie in diesen, so wenig von Zahlen und Statistiken und so viel über diejenigen, mit denen man zusammenarbeitet und wofür man arbeitet.
Und dies fällt durchgängig auf: Die berichtenden Personen lassen eine feste Zuversicht bei den Dingen, die sie machen, erkennen, wirken aber nie egozentriert, hochnäsig, arrogant oder besserwisserisch. Wie auch, wenn neben der unbedingten Freude am Tun, was gerne mit anderen geteilt wird, die Lust am Lernen, egal von wem oder wodurch, beständiger Tages(!)-Begleiter ist. Alex Blattmann, CEO von MaxBrain, hat dies mit seiner Plattform zum digitalen Lernen gleich zum eigenständigen Geschäftsmodell geformt, und wird unter anderem dadurch angetrieben, jeden Tag etwas Neues oder Anderes tun zu können. Wer meint, beständig lernen zu müssen, kann sich nicht allwissend geben. Das ist schon einmal eine gute Voraussetzung für jede Kommunikation. Und in der Tat, passend dazu, steht die schnelle, direkte Kommunikation hoch im Kurs.
Auffällig ist auch, dass der Anspruch besteht, das Geschäft von Grund auf zu verstehen. Führungspersonen ohne Anspruch auf Sachverstand sind mir hier nicht begegnet. Eigene Erfahrungen, hier oder anderswo gemacht zu haben, helfen ungemein, Fehlendes wird mit extremer Intensität versucht, zu erwerben. Dazu passt eine Führung, die Entscheidungen gerne am Ort des Geschehens treffen lässt, und damit nie abgehoben agiert.
Unverzichtbar ist auch der Beziehungsaspekt, um es hier nur kurz anzusprechen. Man gewinnt den Eindruck, dass Wertschätzung, Eigenverantwortung und Ermutigung gelebte Prinzipien in der Mitarbeiterführung sind, die allerdings immer einen hohen Anteil an einer gewollten Selbstführung inkludiert. Einsicht in die Notwendigkeit eines versierten und engagierten Teams zudem auch. Alle, besonders die Start-ups, wollen immer die besten Leute, das sind smarte (IQ, Kompetenzprofil), teamkompatible (EQ), ehrgeizige wie lernwillige und empathische Leute, um einmal eine ungefähre Schnittmenge zu nehmen, die im Einzelfall selbstredend genauer bestimmt werden müsste.
Diese zu binden, so lernt man, ginge nie über Geld allein, manchmal sei es sogar sehr nachrangig, sondern immer nur über Kultur, über die Chance, sich selbst zu entwickeln. Offen wird über eigene Fehler, die im Selbstbild als Lernerfahrungen abgespeichert sind, gesprochen. Das passt alles gut zur gegenwärtigen New Work-Diskussion, die sich allerdings vielfach zu schnell und zu viel nach großem Beginn auf strukturell-prozessuale Aspekte instrumentell verengt.
Wer die Neugierde verliert, verliert (auf Dauer) das Spiel der Transformation. So sehe ich das, denn das Spiel fängt immer wieder von vorne an.
Mir hat eine Aussage von Walo Bertschinger, Geschäftsführer des Bauunternehmens WALO (2.500 Mitarbeitende, 622 Mio. Umsatz) sehr gut gefallen, die sich auf den Anfang aller Transformationen bezieht, womit sich viele so schwer tun: „Du musst springen“. Das möchte man denen ans Herz legen, die heute immer noch in einer Art geozentrischem Welt-Selbst-Bild glauben, es füge sich in ihrem Unternehmen schon alles mit der Zeit.